Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass trotz des Urteils des EuGH von vor drei Jahren, in welchem dieser die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert hat, Unternehmen zu verpflichten, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zuverlässig aufzuzeichnen, die Beweislast sowohl für die tatsächliche Erbringung als auch für die Anordnung, Genehmigung oder Billigung der Überstunden weiterhin beim Arbeitnehmer liegt.
Die Parteien haben über einen Nachschlag in Höhe von 5000 EUR für nicht abgegoltene Überstunden gestritten. Der Kläger, ein ehemaliger Auslieferungsfahrer, hat geltend gemacht, dass er während des Ein- und Ausladens sowie dem Transport von Lebensmitteln und Getränkekisten keine Möglichkeit für die Wahrnehmung der angeordneten Pausen hätte. Die Beklagte, ein Einzelhandelsunternehmen, bestreitet dies und erklärt, der Kläger sei starker Raucher und hätte ohne Pausen gar nicht arbeiten können. Problematisch hierbei war nun, dass der Arbeitgeber mithilfe einer Stempeluhr nur die Anfangs- und Endzeiten dokumentiert hat, aber nicht die Pausenzeiten. Das Arbeitsgericht in Emden hat darin eine Beweisvereitelung gesehen und erklärt, dass seit dem Urteil des EuGH die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitgeber liegt, wenn dieser nur die Kommt- und Geht-Zeit dokumentiere. Dies haben erst das Landesarbeitsgericht Niedersachen und nun der BAG verworfen.
Beide Instanzen stellten fest, dass dem EuGH die Kompetenz für eine solche Frage der Vergütung fehle. Dabei berufen sie sich auf Art. 153 Abs. 5 AEUV, welcher die Zuständigkeit der Union für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht ausschließt. Auch sei das Urteil des EuGH in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtline 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der EU ergangen. Es gehe hierbei vielmehr um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer, aber gerade nicht um die Vergütung von Arbeitnehmern.
Im vorliegenden Fall hat das BAG dann auch dem LAG Niedersachen zugestimmt, dass der Kläger nicht ausreichend darlegen konnte, dass er seine Pausenzeiten nicht wahrnehmen konnte.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21)