Arbeitnehmer sind während der Coronavirus-Pandemie mit vielen außerordentlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen konfrontiert. Bin ich als Arbeitnehmer verpflichtet, unter allen Umständen zur Arbeit zu kommen oder besteht ein Recht auf einen Heimarbeitsplatz? Kann ich verpflichtet werden, meine Tätigkeit für eine gewisse Zeit einzustellen? Wie sieht es mit der Lohnfortzahlung aus? Welches Mitspracherecht habe ich, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit einführen will? Kann ich infolge der Coronavirus-Krise gekündigt werden?
Auf diese und weitere Fragen geben wir unter den folgenden Unterkategorien Antworten.
1. Lohnfortzahlung bei Freistellung, Krankheit und aus anderen Verhinderungsgründen
2. Anwesenheitspflicht, Heimarbeit und Recht auf (bezahlte) Freistellung
4. Kündigung infolge des Coronavirus
5. Aktuelle Tipps für Arbeitnehmer
1. Lohnfortzahlung bei Freistellung, Krankheit und aus anderen Verhinderungsgründen
Habe ich als Arbeitnehmer einen Anspruch auf mein Gehalt, auch wenn mein Betrieb aufgrund behördlicher Anweisung oder aus wirtschaftlichen Gründen infolge des Coronavirus (vorübergehend) schließt?
Egal, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet, vom Home-Office aus arbeitet oder freigestellt ist, weil der Betrieb stillsteht: Der Lohn ist weiterhin zu zahlen. Der Arbeitgeber bleibt zur Entgeltzahlung verpflichtet, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber er sie aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen (sog. Betriebsrisikolehre).
Dazu würden etwa Fälle zählen, in denen es aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen oder Versorgungsengpässen käme, in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde. Die Arbeitnehmer behalten also in diesen Fällen ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können.
Habe ich als Arbeitnehmer einen Anspruch auf mein Gehalt, wenn ich erkrankt bin und deshalb nicht arbeiten kann?
Im Falle der eigenen Erkrankung habe ich einen Entgeltfortzahlungsanspruch für 6 Wochen. Anschließend erhalte ich von der Krankenversicherung das Krankengeld, solange wie ich krank bin (i.d.R. maximal 72 Wochen lang).
Habe ich als Arbeitnehmer einen Anspruch auf mein Gehalt, wenn zu Hause bleiben muss, um auf meine Kinder aufzupassen?
Dies gilt allenfalls für einen kurzen Übergangszeitraum. Der Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf Vergütung nicht, wenn er für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung gehindert wird, wie vorliegend durch die Schließung der Schulen und Kindergärten sowie Kitas. Dies gilt allerdings nach vorherrschender Meinung nur für wenige Tage (2-3). Anschließend muss der Arbeitnehmer eine Lösung gefunden haben, etwa kann er bezahlten oder auch unbezahlten Urlaub nehmen, dies muss aber mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Einfach kündigen kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Fürsorgepflicht auf seine Kinder aufpassen muss, jedoch nicht. Der Arbeitnehmer verliert dann jedoch zumindest seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
2. Anwesenheitspflicht, Heimarbeit und Recht auf (bezahlte) Freistellung
Kann ich aus Angst vor einer Ansteckung zu Hause bleiben? Habe ich Anspruch auf Fortzahlung meines Gehalts?
Die Möglichkeit einer Ansteckung stellt keinen Grund dar, der Arbeit fernzubleiben. Wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines vermeintlichen Ansteckungsrisikos nicht bei der Arbeit erscheint, so fehlt er unentschuldigt. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer dann abmahnen und letztlich sogar die Kündigung aussprechen. Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat der Arbeitnehmer nicht.
Kann ich bei einer Ansteckung eines Kollegen mit dem Coronavirus oder einer anderen, nicht diagnostizierten grippalen Erkrankung zu Hause bleiben? Habe ich in diesem Fall Anspruch auf Fortzahlung meines Gehaltes?
Bei einer Ansteckung eines Arbeitskollegen ist Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet, die anderen Arbeitnehmer, die mit dem betroffenen Arbeitnehmer in Kontakt waren, unter Quarantäne zu stellen. Dies gilt ggf. auch für den Arbeitgeber selbst. Bei einer begründeten Furcht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, etwa weil bekannt, dass ein grippaler Infekt eines Kollegen vorliegt und dieser noch nicht diagnostiziert wurde, besteht auch die Möglichkeit, sich vorsorglich in Quarantäne zu begeben. Hier ist jedoch dafür Sorge zu tragen, dass eine mögliche Ansteckung de Kollegen zeitnah überprüft wird. Ist ein Kollege etwa beispielsweise lediglich erkältet oder hustet, so ist dies noch keine Grundlage für die Annahme, dieser sei mit dem Coronavirus infiziert.
Wenn der Arbeitnehmer sich in Quarantäne begeben muss, so hat er weiterhin einen Vergütungsanspruch. Sollte er sich tatsächlich angesteckt haben, erhält er für die Dauer der Erkrankung bis zu sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber kann sich die infolge einer Quarantäne-Maßnahme gezahlten Gehälter für die freigestellten Arbeitnehmer nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz jedoch vom Staat zurückholen.
Habe ich einen Anspruch auf einen Heimarbeitsplatz?
Derzeit gibt es noch keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Heimarbeitsplatz. Will der Arbeitnehmer also ins Homeoffice gehen, so muss er dies mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Mit der Frage: Kommt das Recht auf Homeoffice?, haben wir uns bereits im vergangenen Jahr auf unserer Homepage befasst, siehe Artikel https://www.ra-pavel.de/index.php/aktuelles-detail/kommt-der-rechtsanspruch-auf-heimarbeit.html
3. Fragen zur Kurzarbeit
Was bedeutet Kurzarbeit und unter welchen Voraussetzungen ist sie möglich?
Kurzarbeit kann auf Antrag des Arbeitgebers von der Bundesagentur für Arbeit gewährt werden, wenn in dem Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall eingetreten ist. Ein solcher liegt vor, wenn der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht – sowie vorliegend der Corona-Pandemie und der sich daraus ergebenden Maßnahmen, die von der Bundesregierung und der Landesregierungen angeordnet wurden -, der Arbeitsausfall vorübergehend und nicht vermeidbar ist und mindestens 10 % der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer dadurch von einem Entgeltausfall von mindestens 10 % des monatlichen Bruttoentgeltes betroffen sind.
Viele Branchen sind durch Verfügungen der Landesregierungen dazu verpflichtet, ihre Betriebe ganz zu schließen. Infolge von Lieferschwierigkeiten oder Auftragsausfällen stehen auch eine Vielzahl von nicht unmittelbar durch die behördlichen Maßnahmen betroffenen Betriebe still oder haben einen erheblichen Arbeitsrückgang zu erleiden. In diesen Fällen liegt ein erheblicher Arbeitsausfall vor, da er für den Arbeitgeber nicht vermeidbar war und davon auszugehen ist, dass nach dem Ende der Corona-Epidemie-Welle sich die Auftrags- und Arbeitslage normalisieren wird. Die Voraussetzungen der Kurzarbeit liegen also in der Regel vor.
Muss der Arbeitgeber mich fragen oder kann er einfach einseitig Kurzarbeit anordnen?
Grundsätzlich gilt, dass es in jedem Fall eine Vereinbarung zur Kurzarbeit geben muss. Diese kann entweder in einem Tarifvertrag geregelt werden oder in einer Betriebsvereinbarung. Besteht weder eine einschlägige tarifvertragliche Regelung, noch eine Betriebsvereinbarung zum Thema Kurzarbeit, so muss der Arbeitgeber von jedem einzelnen Arbeitnehmer die Zustimmung zur Einführung der Kurzarbeit einholen. Diese Zustimmung muss der Arbeitgeber bei der Anzeige auf Kurzarbeitergeld auch bei der Bundesagentur für Arbeit einreichen. Ohne eine Regelung (TV, BV oder Zustimmung des Arbeitnehmers) darf der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht anordnen.
Welche Konsequenzen drohen, wenn der Arbeitgeber die Einführung der Kurzarbeit ablehnt?
Grundsätzlich darf das Arbeitsverhältnis bei einer Ablehnung einer einschneidenden Maßnahme, wie etwa der Einführung der Kurzarbeit, welche zu einer Gehaltsreduzierung führt, aufgrund des Maßregelungsverbotes nach § 612a BGB nicht gekündigt werden. Lediglich wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im vertraglich vereinbarten Umfang, also mit der ursprünglichen Stundenzahl aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, ist darüber nachzudenken, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht möglicherweise zumindest eine Änderungskündigung zur Herabsetzung seiner Arbeitszeit oder, wenn gar keine Arbeit mehr zu erledigen ist, eine betriebsbedingte Kündigung erteilt werden kann. Ob die Kündigung rechtswirksam ist, ist jedoch im Einzelfall zu prüfen (siehe Fragen zum Thema Kündigung wegen Corona).
Warum wird die Arbeitszeit meines Kollegen nicht bzw. weniger stark reduziert als meine?
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit gleichermaßen zu reduzieren. Insbesondere wegen der unterschiedlichen Art der Tätigkeit oder der Qualifikation können Unterschiede zwischen den Arbeitnehmer gemacht werden. In bestimmten Bereich, etwa wenn Kundenkontakt Voraussetzung ist, wird die Beschäftigung gar nicht mehr ausgeführt werden können. In anderen Bereichen wird sie sich aufgrund der schlechteren Auftragslage reduzieren. In anderen Bereich kommt es möglicherweise gar zu Mehrarbeit. Wenn für bestimmte Arbeitnehmer aufgrund ihrer Tätigkeit kein Arbeitsausfall zu verzeichnen ist, so macht Kurzarbeit für diese Arbeitnehmer keinen Sinn. Bei gleichwertigen Arbeitsplätzen sollte jedoch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz beherzigt werden. Bei vergleichbaren Arbeitnehmern sollte also eine Reduzierung der Arbeitszeit im gleichen Maße erfolgen.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld beträgt bei mindestens einem unterhaltsberechtigten Kind 67% des Nettoentgeltausfalls und bei Arbeitnehmern ohne unterhaltsberechtigte Kinder 60 %.
Wird also die Arbeitszeit um 2/5 reduziert, also von 40 auf 24 Stunden, so würde sich bei einem Arbeitnehmer mit mindestens einem unterhaltspflichtigen Kind folgende Beispielrechnung ergeben:
Bruttogehalt ohne Kurzarbeit = 2.500,00 EUR
Bruttogehalt während Kurzarbeit = 1.500,00 EUR
Hier wird nun ein Soll- und ein Ist-Entgelt berechnet und der sich hieraus ergebende rechnerische Leistungssatz. In Höhe der Differenz wird dann Kurzarbeitergeld gezahlt.
Soll-Entgelt = 2.500,00 EUR
Rechnerischer Leistungssatz hiervon = 1.288,75 EUR
Ist-Entgelt = 1.500,00 EUR
Rechnerischer Leistungssatz hiervon = 804,00 EUR
Kurzarbeitergeld = 484,75 EUR.
Der Arbeitnehmer erhält somit zusätzlich zu der sich aus dem Bruttogehalt von 1.500,00 EUR ergebenden Nettoauszahlung seines Arbeitgebers 484,75 EUR an Kurzarbeitergeld. Hierauf sind keine Steuern oder Sozialabgaben zu zahlen.
Bin ich weiter krankenversichert? Habe ich Nachteile bei der Rente?
Während der Kurzarbeit bleibt der Arbeitnehmer Mitglied in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Waren üblicherweise die Beiträge vom Arbeitgeber alleine zu tragen, so fallen diese nach der neuen gesetzlichen Regelung für die Kurzarbeit wegen der Corona-Pandemie für den Arbeitgeber weg und werden von der Bundesagentur übernommen.
Die Beiträge zur Rentenversicherung werden während der Kurzarbeit auf Basis des reduzierten Verdienstes des Arbeitnehmers gezahlt. Dies bedeutet, dass für die Dauer der Kurzarbeit ein geringerer Rentenanspruch erworben wird. Der Ausfall ist jedoch in der Regel nicht besonders hoch.
Verdient ein Arbeitnehmer beispielsweise statt zuvor 3.000,00 EUR brutto, in der Kurzarbeit lediglich 1.500,00 EUR brutto, verringert sich der in einem Jahr der Kurzarbeit erworbene Rentenanspruch von rund 29,40 EUR monatlich auf rund 26,40 EUR monatlich. Der Verlust aufgrund der ein Jahr lang andauernden Kurzarbeit beträgt somit lediglich 3,00 EUR an monatlichen Rentenansprüchen.
Ich bin geringfügig beschäftigt; habe ich auch einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld?
Geringfügig Beschäftigte sind als nicht arbeitslosenversicherungspflichtig Beschäftigte vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen. Dennoch sind grundsätzlich ihre Gehälter bei einer Betriebsschließung fortzuzahlen, da der Arbeitgeber das sog. Betriebsrisiko trägt. Im Falle einer wirtschaftlichen Zwangslage kann der Arbeitgeber jedoch mit den Arbeitnehmern eine unbezahlte Freistellung vereinbaren. Sollten die Arbeitnehmer sich nicht auf eine solche Regelung oder zumindest eine Reduzierung des Gehaltes einlassen, so kann der Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Ob diese wirksam sind, ist dann wiederum im Einzelnen zu prüfen. Mehr dazu unter dem Punkt Kündigungen wegen Corona.
4. Kündigung infolge des Coronavirus
Was gilt es grundsätzlich bei einer Kündigung zu berücksichtigen?
Gegen eine Kündigung muss in jedem Falle innerhalb einer Frist von drei Wochen arbeitsgerichtlich vorgegangen werden, sonst gilt auch eine eigentlich unwirksam erteilte Kündigung als wirksam. Innerhalb dieser dreiwöchigen Frist ist eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Auch wenn die Gerichte derzeit zum Teil stillstehen und keine Gerichtsverhandlungen stattfinden, handelt es sich hierbei um eine Notfrist. Es ist somit zeitnahes Handeln geboten!
Grundsätzlich besteht bei Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, die mindestens sechs Monate bestanden haben, in Betrieben von mindestens zehn Arbeitnehmern ein gesetzlicher Kündigungsschutz, d. h. dass die Arbeitnehmer nicht einfach gekündigt werden können. Ob die Kündigung im Einzelnen gerechtfertigt ist, erklären wir im Folgenden.
Kann ich wegen einer Erkrankung mit dem Coronavirus oder einer anderen Erkrankung während der Corona-Pandemie gekündigt werden?
Für Kündigungen wegen einer Erkrankung mit dem Corona-Virus gelten die strengen Voraussetzungen krankheitsbedingter Kündigungen. Es handelt sich dabei um sog. personenbedingte Kündigungen. Diese setzen eine negative Zukunftsprognose des erkrankten Arbeitnehmers
voraus. Schon an diesem Punkt wird die Kündigung meist scheitern, weil nicht absehbar ist, dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum ausfallen wird und in der Regel zeitnah gesunden wird. Darüber hinaus muss eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und eine Verhältnismäßigkeit der Kündigung gewahrt sein. Auch dies dürfte bei einer krankheitsbedingten Kündigung nicht der Fall sein. Gleiches gilt für anderweitige Erkrankungen während der Corona-Epidemie.
Es ist dem Arbeitnehmer nicht vorwerfbar, dass er keine gesonderten gesundheitlichen Maßnahmen ergriffen hat. Darüber hinaus dürfte ihm dies auch kaum nachweisbar sein, weshalb eine Erkrankung grundsätzlich nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen darf. Eine Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen ist in aller Regel unwirksam. Wehrt sich der Arbeitnehmer hiergegen, so wird das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklären. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer auch eine nicht unerhebliche Abfindung erzielen, wenn er sich vergleichsweise mit dem Arbeitgeber einigt.
Ist eine Kündigung aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers infolge der Corona-Krise wirksam?
Rein aufgrund wirtschaftlicher Risiken des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigungen halten den Voraussetzungen betriebsbedingter Kündigungen in der Regel nicht stand. Es muss immer eine Sozialauswahl stattfinden. Hierbei ist zu berücksichtigen, wie lange der Arbeitnehmer im Betrieb ist, sein Lebensalter ist ebenso zu berücksichtigen wie seine Unterhaltspflicht und eine mögliche Schwerbehinderung.
Darüber hinaus stellt die Kündigung stets das letzte Mittel dar. Davor müssen alle zumutbaren anderen Maßnahmen, wie etwa die Anordnung, Resturlaub oder Urlaub zu nehmen, der Überstundenabbau und die Einführung von Kurzarbeit ergriffen werden. Insbesondere die Einführung von Kurzarbeit, welche die vorübergehende wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers abmildert, muss vor einer Kündigung ergriffen werden, zumindest wenn der Wegfall des Arbeitsplatzes nur vorübergehender Natur ist.
Mein Arbeitgeber hat mir gekündigt, weil ich aus Sorge vor einer Erkrankung nicht zur Arbeit erschienen bin. Ist die Kündigung rechtmäßig?
Hierbei handelt es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Umstände des Einzelfalls die verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
Vorliegend handelt es sich juristisch betrachtet um eine Arbeitsverweigerung. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung kann eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Es ist zu schauen, ob es rechtfertigende Umstände für das Fernbleiben von der Arbeit gab. War beispielsweise in dem Betrieb eine andere Person am Coronavirus erkrankt oder bestanden besondere Gesundheitsgefahren, so kann das Fernbleiben gerechtfertigt sein. Es sind auch weitere Gründe denkbar, die zu einer Unwirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung aufgrund der vermeintlichen Arbeitsverweigerung führen würden. Bleibt der Arbeitnehmer jedoch rein aus (unbegründeter) Sorge um seine Gesundheit fern, so kann er wegen des Fernbleibens von der Arbeit gekündigt werden.
Meiner Kollegin wurde gekündigt, weil diese auf ihre Kinder aufpassen musste und keine anderweitige Betreuung gefunden hat. Ist diese Kündigungen wirksam?
Die verhaltensbedingte Kündigung der Kollegin, die ihre Kinder betreut, dürfte unwirksam sein. Sie hat gegenüber ihren Kindern eine Fürsorgepflicht, sodass sie die Betreuung ihrer Kinder sicherstellen muss. Dennoch habe ich aufgrund meiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber als Arbeitnehmer dafür Sorge zu tragen, dass kein langfristiger Arbeitsausfall aufgrund der Versorgung der Kinder notwendig ist. Insbesondere kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung verlieren, wenn der Arbeitnehmer eine nicht unerhebliche Zeit lang durch die Betreuung der Kinder an der Arbeitsleistung gehindert wird. Der Kollegin wäre also zu raten, mit dem Arbeitgeber beispielsweise eine Reduzierung der Arbeitszeit oder das Nehmen von bezahltem oder unbezahltem Urlaub zu vereinbaren.
5. Aktuelle Tipps für Arbeitnehmer
1. Der Arbeitnehmer sollte sich immer beim Betriebsrat informieren, ob es tarifvertragliche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen zum Thema Kurzarbeit, der Anordnung von Überstunden oder dem Abbau von Urlaub oder ähnliche Regelungen gibt. Grundsätzlich hat der Betriebsrat bei all diesen Fragen ein Mitbestimmungsrecht.
2. Gibt es keine tariflichen oder betrieblichen Regelungen für alle Arbeitnehmer, so muss der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine individuelle Vereinbarung treffen. Auf diese kann der Arbeitnehmer im Zweifelsfall bestehen. Bevor er auf seine Rechte beharrt, wäre es jedoch sinnvoll, sich arbeitsrechtlich von einem Anwalt beraten zu lassen.
Mit dem Arbeitgeber kann beispielsweise ein Abbau von Überstunden sowie die Einführung
eines Arbeitszeitkontos, welches auch Minusstunden in einem nicht unerheblichen Umfang vorsieht, vereinbart werden. Darüber hinaus kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer seinen Resturlaub oder seine Urlaubsansprüche für das Jahr 2020 nimmt.
3. Es kann auch eine unentgeltliche widerrufliche Freistellung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Anders als bei der Kurzarbeit erhält der Arbeitnehmer dann jedoch gar kein Gehalt für die Zeit der Freistellung. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass der Mitarbeiter lediglich einen weiteren Monat lang sozialversichert ist und sich bei einer Dauer des unbezahlten Urlaubs, der über einen Monat hinaus geht, selbst sozialversichern muss. Im Fall der vereinbarten Kurzarbeit würde er 60 % bzw. 67 % seiner bisherigen Nettobezüge erhalten, weshalb dies aus Arbeitnehmersicht zu präferieren wäre. Auch zum Thema Kurzarbeit und Vereinbarung arbeitsrechtlicher Maßnahmen mit dem Arbeitgeber beraten wir Arbeitnehmer gerne.
4. Es kann die Flexibilisierung der Arbeitszeit vereinbart werden, etwa weil die Betreuung der Kinder zwischen beiden Elternteilen flexibel geregelt werden soll. Hier können unabhängig vom Teilzeit- und Befristungsgesetz individuelle Regelungen für die Zeit der Corona-Pandemie getroffen werden.