Bürgschaften durch Arbeitnehmer nicht grundsätzlich sittenwidrig

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Hat der Arbeitgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten und braucht für neue Liquidität Sicherheiten, kommt dafür als Sicherheit grundsätzlich auch eine Bürgschaft des Arbeitnehmers in Betracht.

Dieser könnte durch seine wirtschaftliche Abhängigkeit in eine psychische Zwangslage geraten und einen Bürgschaftsvertrag unterzeichnen. Weiteres Motiv kann dabei auch schlichte Loyalitätserwägungen sein, um bei dem Arbeitgeber nicht in Ungnade zu fallen oder um schlicht auf spätere Vorteile (z.B. Beförderungen, Gehaltserhöhungen) zu hoffen. Im vorliegenden Fall liegt trieben die wirschaftlichen Schwierigkeiten der Arbeitgeberin (hier einer GmbH) diese in die Insolvenz. Somit wendete sich der Gläubiger an den Arbeitnehmer als Bürgen. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist eine Bürgschaft immer dann sittenwidrig, wenn sie den Arbeitnehmer finanziell krass überfordert und sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Notlage befindet (BGH Urteil vom 14.10.2003 – XI ZR 121/02).

Der BGH stellt nunmehr klar, dass eine krasse finanzielle Überforderung nicht bereits dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer keine Gegenleistung für die Bürgschaft erhält. Auch sei kein Verstoß gegen das „Leitbild“ des Arbeitsverhältnisses gegeben, dass der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko trägt. Eine Unentgeltlichkeit sei gerade im Bereich der privaten Bürgschaften die Regel. Auch sei es eine Einzelfallfrage, wie solvent der Arbeitgeber im Verhältnis zum jeweiligem bürgenden Arbeitnehmer sei. Grundlegende Einschränkungen zugunsten einer allgemeingültigen
Regel würden daher im Ergebnis die Privatautonomie im unzulässigen Maß beschneiden. Insbesondere könne für leitende Angestellte die Übernahme einer Bürgschaft ein zulässiges Risiko darstellen.

Indizwirkung könne hingegen haben, wie die Arbeitsmarktsituation einzuschätzen sei. Herrscht generell eine hohe Arbeitslosigkeit, kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer die Bürgschaftsübernahme nur aus Angst um seinen Arbeitsplatz tätigte.

(BGH, Urteil vom 11.09.2018, XI ZR 380/16)