BAG: Überlaufendes Mail-Postfach rechtfertigt Nichteinladung zum Gespräch nicht

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 23.01.2020 entschieden, dass sich ein öffentlicher Arbeitgeber bei Nichteinladung eines offensichtlich nicht ungeeigneten schwerbehinderten Bewerbers nicht auf den Umstand berufen kann, dass die Bewerbungsmail wegen ungenauer Absprachen und eines überlaufenen Email – Postfaches nicht in den Geschäftsgang gelangt ist.

Der Kläger hatte sich Anfang August 2015 per Mail auf eine ausgeschriebene Stelle als Quereinsteiger für den Gerichtsvollzieherdienst im Oberlandesgerichtsbezirk Köln beworben. Im Rahmen der Bewerbung hatte er deutlich angegeben, dass der Grad seiner Behinderung 30 beträgt und zudem seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nachgewiesen. Trotz fachlich nicht offensichtlicher Ungeeignetheit erfolgte keine Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Deswegen verlangte er vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 7.434,59€. Dagegen brachte der Beklagte hervor, die Mail sei wegen eines überlaufenen Outlook – Postfaches und ungenauer Absprachen gar nicht erst in den Geschäftsgang gelangt. Eine Benachteiligung des Bewerbers wegen der Schwerbehinderung liege schon aus diesem Grunde nicht vor. Während das Arbeitsgericht die Klage noch abwies, gab das Landesarbeitsgericht der Klage statt und sprach dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 3.717,23€ zu.

Die Revision des beklagten Landes vor dem BAG blieb indes erfolglos. In seiner Entscheidung betonte des BAG, dass der Arbeitgeber einen nicht offensichtlich ungeeigneten Bewerber oder eine gleichgestellte Person nach § 82 Satz 2 SGB IX a.F. zum Bewerbungsgespräch einladen muss. Anderenfalls sei dies im Sinne des § 22 AGG ein Indiz dafür, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung oder der Gleichstellung nicht eingestellt wurde. Dann hätte er Bewerber einen Anspruch auf Entschädigung aufgrund von § 15 II AGG.
Die Behauptung des beklagten Landes, die Bewerbung sei aus den oben genannten Gründen nicht in den Geschäftsgang gelangt, reicht um die Vermutung zu widerlegen. Ebenfalls wurde nicht vorgetragen, dass die Bewerbung trotz Zugangs nicht tatsächlich zur Kenntnis genommen werden konnte. Insofern ist nach höchstrichterlicher Bewertung davon auszugehen, dass die Nichteinladung auf die Schwerbehinderung bzw. die Gleichstellung des Klägers zurückzuführen ist.
Auch die Höhe der Entschädigung wurde vom BAG nicht beanstandet.

(BAG, Urteil vom 23.02.2020 – 8 AZR 484/18)