Möglicherweise wird es in der gerade begonnenen Legislaturperiode zu einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes kommen. Dabei geht es maßgeblich darum, den Weg hin zu einer Flexibilisierung von Arbeitszeiten zu ebnen, um den Herausforderungen der Digitalisierung gewachsen zu sein. Branchenabhängig ist es teils üblich auch über die Arbeitszeit hinaus erreichbar zu sein. Heutzutage wird von Arbeitnehmer schon fast erwartet, dass sie hochgradig flexibel sind, um für den Joballtag gewappnet zu sein.
„Flexiblere Arbeitszeiten sind wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen“, sagte Christoph Schmidt, Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, der WELT AM SONNTAG. „Firmen, die in unserer neuen digitalisierten Welt bestehen wollen, müssen agil sein und schnell ihre Teams zusammenrufen können. Die Vorstellung, dass man morgens im Büro den Arbeitstag beginnt und mit dem Verlassen der Firma beendet, ist veraltet.“
Mit dieser Einschätzung aus dem Jahresgutachten des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, so der offizielle Name des Gremiums, trat Schmidt diese Woche an Angela Merkel heran.
Starre gesetzliche Vorgaben würden die Digitalisierung und das Wachstum hemmen, sodass eine Anpassung an die Realität nötig sei. Schmidt fordert dabei im Wesentlichen, dass es eine neues wöchentliches Arbeitszeitmaximum geben soll, anstatt an dem „Acht-Stunden-Tag“ festzuhalten.
Diese Position vertreten im Bundestag vor allem CDU und FDP. Sie treten schon länger für eine 48-Stundenwoche und eine Verkürzung der gesetzlichen Ruhezeit von elf auf neun Stunden ein. Entschieden dagegen stellen sich hingegen die Grünen und die Gewerkschaften.
Laut Schmidt, sei es dem Arbeitgeber so möglich die Angestellten flexibler und nach Bedarf einzusetzen. Die Anpassung solle aber maßgeblich der Klarheit dienen, was gesetzlicher Rahmen ist. „So brauchen Unternehmen beispielsweise Sicherheit, dass sie nicht gesetzwidrig handeln, wenn ein Angestellter abends noch an einer Telefonkonferenz teilnimmt und dann morgens beim Frühstück seine Mails liest.“
Gleichzeitig soll eine, seitens der Arbeitnehmerverbände, befürchtete „Mehrarbeit durch die Hintertür“ nicht erfolgen, sondern nur die Flexibilisierung gefördert werden, was so auch potenziell Vorteile für die Arbeitnehmer mit sich bringen kann. „Eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes darf nicht bedeuten, dass man heimlich die Arbeitszeit ausweitet“, sagt der Ökonom. „Möglicherweise wünschen sich das die Arbeitgeber, aber es sollte lediglich darum gehen, die bestehende Arbeitszeit flexibler über den Tag und innerhalb der Woche zu verteilen.“
Quelle: Welt am Sonntag v. 12.11.2017