Hinweispflicht des Arbeitgebers wegen Verfalls von Urlaubstagen

You are currently viewing Hinweispflicht des Arbeitgebers wegen Verfalls von Urlaubstagen
  • Beitrags-Kategorie:Arbeitsrecht

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitnehmer individuell darauf hinzuweisen, wenn Urlaub zu verfallen droht, ansonsten gehen verbleibende Urlaubsansprüche nicht verloren. Hieraus resultierende Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen aber der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, wie jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG) klarstellte.

Das BAG entschied in einem Urteil vom 31.01.2023, dass der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, den nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, einer Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt. Die Frist beginnt laut BAG in der Regel mit Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 06.11.2018 zum Verfall von Urlaub und war es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, habe die Verjährungsfrist nicht vor Ende 2018 beginnen können.

Der Kläger war seit dem Jahr 2010 als Ausbildungsleiter in einer Flugschule beschäftigt, ohne dass ihm sein jährlicher Urlaub von 30 Arbeitstagen gewährt wurde. Ende des Jahres 2015 endete das Arbeitsverhältnis. Mit einer Klage aus August 2019 begehrte der Kläger nun die Abgeltung seines Urlaubs. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung, woraufhin die Vorinstanzen die Klage abwiesen.

Das BAG sprach dem Kläger einen Anspruch auf Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 in Höhe von 37.416,50 Euro zu. Bezogen auf die Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015 blieb die Klage jedoch erfolglos. Das BAG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass bei einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Anwendung der Verjährungsregelungen die Verjährungsfrist nicht beginnen kann, solange eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar sei. Man habe hier vom Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende 2015 noch nicht erwarten können, seinen Anspruch aus Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen, da das BAG zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen sei, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums automatisch verfallen. Erst nach Urteil des EuGH aus dem Jahr 2018 sei der Kläger gehalten gewesen, Abgeltung für die Urlaubsjahre von 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015 sei jedoch verjährt, da bereits auf Grundlage der früheren Rechtsprechung hätte erkannt werden müssen, dass dieser Urlaub mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten werden muss. Die Frist begann somit Ende 2015 und endete mit Ablauf des Jahres 2018, sodass sie bei Klage im Jahr 2019 bereits abgelaufen war.

In einem anderen Fall begehrte der Kläger, Pauschalist bei einem Zeitungsverlag, mit einer Klage aus August 2018 die Abgeltung seines Urlaubs aus den Jahren 2007 bis 2010. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.09.2014. Die Vorinstanzen wiesen die Klage aufgrund der Einrede der Verjährung durch die Beklagte zurück.

Auch hier sprach das BAG dem Kläger mit gleicher Begründung vorläufig einen Anspruch auf Abgeltung von Urlaub für die Jahre 2007 bis 2010 zu. Erst mit dem EuGH- Urteil von 2018 und den daraus ergebenden Regeln für den Verfall von Urlaub habe es dem Kläger oblegen, Urlaubsabgeltung zu verlangen.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 – C-619/16; C-684/16 sowie

Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20 und 9 AZR 244/20