Inwieweit darf ein Arbeitgeber in die Freizeitgestaltung seiner Arbeitnehmer eingreifen?

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Dem Interesse des Arbeitnehmers, seine Freizeit nach Belieben auszugestalten steht das Interesse des Arbeitgebers gegenüber, dass der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit voll leistungsfähig ist.

Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aus § 106 Gewerbeordnung (GewO) zu. Dieser erlaubt dem Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu konkretisieren. Dies darf jedoch nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht in die private Lebensführung des Arbeitnehmers eingreifen. Vor dem BAG ging es darum, dass der Arbeitnehmer seine Steuererklärung mithilfe des Steuerberaters des Arbeitgebers durchführen sollte (Urt. v. 23.08.2012, Az. 8 AZR 804/11).

Somit besteht der Grundsatz, dass der Arbeitgeber kein Recht darauf hat, festzulegen was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit zu tun oder zu lassen hat.

Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen. Eine pauschale Trennung ist schlichtweg nicht möglich. Wenn zum Beispiel durch die Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber gegen ein Gesetz verstößt, indem er beispielsweise mehr als 12 Stunden arbeitet und damit gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen würde, ist dies untersagt. Denkbar ist beispielsweise auch, dass ein Hobby nachts betrieben wird, wodurch der Arbeitnehmer tagsüber bei der Arbeit wegen Übermüdung nicht leistungsfähig ist.

So zeigt sich, dass der oben genannte Grundsatz nicht grenzenlos gewährleistet werden kann. Eine weitere Fallgruppe stellen dabei solche Hobbys dar, welche mit dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers kollidieren. Wenn ein Musiker in einem Orchester, als Hobby Konkurrenzmusikveranstaltungen anbietet, dann läge ein solcher Fall vor.

Zudem ist es dem Arbeitnehmer untersagt, sich während einer Krankheit genesungswidrig zu verhalten. So hat das BAG Entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei einer Hirnhautentzündung Fallschirmspringen oder Skilaufen zu unterlassen hat (BAG, Urt. v. 02.03.2006, Az. 2 AZR 53/05).

Somit stellt sich die Folgefrage, inwieweit der Arbeitgeber dann über eine vertragliche Gestaltung in das Privatleben des Arbeitnehmers eingreifen kann. Dies lässt sich nicht über § 106 GewO regeln, sondern muss einer Inhaltskontrolle von AGB nach §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), standhalten. Hierzu lassen sich keine Pauschalaussagen treffen. Vielmehr ist dies vom jeweiligen Einzelfall abhängig.

Nach dem BAG gehört Skispringen, Drachenfliegen oder Motorradrennen fahren nicht zu solch gefährlichen Hobbys, als dass diese präventiv untersagt werden könnten. Etwas anderes gilt allerdings bei bestimmten Positionen, wie z.B. Geschäftsführern, Leitenden Angestellten, Leitenden Ärzten oder Partnern einer Kanzlei. Etwas anderen gilt auch bei solchen Berufen, die maßgeblich von einer kontinuierlichen Präsens, wie bei einem Radiomoderator abhängig sind. Genauso kann erwartet werden, dass ein LKW- bzw. Taxifahrer vor Antritt der Arbeit keinen Alkohol getrunken hat. Ein weiteres Beispiel ist, dass dort kein Urlaub gemacht werden soll, in den denen eine besonders hohe Gefahr von Ansteckungen besteht.

Des Weiteren gibt es die Ausübung gefahrgeneigter Hobbys, also solchen Hobbys, bei denen im Grundsatz bereits einer erhöhte Verletzungsgefahr besteht (Bsp. Drachenfliegen). Falls bei solchen Sportarten ein Arbeitsausfall die Folge ist, kann der Entgeltfortzahlungsanspruch entfallen, sofern dem Arbeitnehmer ein „Verschulden“ vorgeworfen werden kann.

Wird durch die Freizeitgestaltung der Ruf der Firma gefährdet (Bsp. rassistische Äußerungen in sozialen Netzwerken), oder durch diese Gestaltung die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, kann es zu Sanktionen bis hin zur Kündigung kommen.

(Quelle: Lto.de, Ausschluss von gefahrgeneigten Hobbies durch Arbeitgeber, Autor Dr. Erik Schmidt)