Festsetzung der Entschädigung nach § 15 II AGG auf „Null“ ist unzulässig

You are currently viewing Festsetzung der Entschädigung nach § 15 II AGG auf „Null“ ist unzulässig

Dass der Arbeitgeber verschuldensunabhängig für eine Diskriminierung nach § 15 II AGG haftet und eine Verurteilung zu einer Entschädigung nach dieser Norm zwingend ist, stellte das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 28.10.2021 fest.

Die Klägerin, eine Krankenschwester, forderte von ihrem Arbeitgeber, Zeitgutschriften wegen geleisteter Überstunden zu erhalten. Zudem machte die Klägerin in der Annahme, wegen unzulässiger Benachteiligung gegenüber Vollzeitbeschäftigten und, da vom Beklagten überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt waren, mittelbar wegen ihres Geschlechts einen Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG zu haben. Das Arbeitsgericht sprach der Klägerin zunächst zu, ihr weitere Stunden im Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Nach weiterem erfolglosem Urteil vor dem Landesgericht schlossen die Parteien schließlich einen Aufhebungsvertrag, in der sämtliche wechselseitige Ansprüche als abgegolten und erklärt wurden.

Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ergab nun, dass der Klägerin zwar ein Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG zustehe, lehnte jedoch wegen der im im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarungen den Anspruch ab.

Das Bundesarbeitsgericht legt dar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Ungleichbehandlungsverbot verschuldensunabhängig sei. Zudem diene die Vorschrift des § 15 II AGG einerseits dazu, dem Geschädigten Genugtuung durch Ersatz eines immateriellen Schadens zu verschaffen, wie auch der Prävention, um die Gleichbehandlung zukünftig sicherstellen zu können. Um dieser Doppelfunktion genüge zu tun, darf laut BAG bei Vorliegen eines Verstoßes gegen das Ungleichbehandlungsverbots auch keinesfalls von einer Entschädigung abgesehen werden. Daher ersetze der materielle Anspruch auf die zugesprochenen zusätzlichen Zeitgutschriften den immateriellen Schadensersatz auch nicht.

Schließlich erkannte das BAG den Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis an. Daher stehe es der Geschädigten frei, über ihre Ansprüche aus Verstößen in der Vergangenheit zu disponieren.

Mit dieser Begründung verneinte schließlich auch das Bundesarbeitsgericht den geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.10.2021 – 8 AZR 371/20)